„Gegen die Personalfluktuation:  Ideenbörse Mitarbeiter – Bindung!“

 

Was für ein brandaktuelles Thema – Fachkräftemangel! Gerade im Arbeitskontext Kita, wo aktuell in allen Städten neue Kitas gebaut werden und die Personalfluktuation aus ganz natürlichen Gründen – nämlich durch anstehende Schwangerschaften zum Beispiel – schon sehr hoch ist…was können wir da überhaupt tun? Die Tagesschau meldete am 24.08.2021, dass bis zum Jahr 2030 voraussichtlich 230.000 Fachkräfte in Kitas fehlen werden! Was für eine ungeheure Zahl! Zum Vergleich: in Deutschland waren im Jahr 2020 ca. 442.000 Fachkräfte insgesamt in Kitas beschäftigt. Im Jahr 2016 waren von den Kita – Mitarbeitenden nur 5,2% Männer. Was kann die Politik tun, was die Träger – und was können wir als Kita – Leitung auch im Kleinen vor Ort dafür tun, Mitarbeitende zu gewinnen und auch zu halten? Bei der Gewinnung, der Entwicklungsmöglichkeiten und der Mitarbeiterbindung von Fachkräften sind alle Verantwortungsträger im Arbeitsfeld frühkindlicher Bildung gefragt.

Das Spannungsfeld zwischen der Bereitstellung einer guten Angebotsqualität in den Kitas und dem stetig zunehmenden Fachkräftemangel wird größer. Manchmal ist es wirklich eine Gratwanderung zwischen einem noch zu verantwortenden Personalschlüssel und der Aufrechterhaltung von Qualitätsstandards. Mal abgesehen von der Tatsache, was mit den anwesenden Mitarbeitenden auf Dauer bei Unterbesetzung des Teams geschieht…

Um die Fachkräftelücke zu schließen, gibt es zunächst einmal ganz pragmatische Lösungsideen:

  • Eine höhere Ausbildungsvergütung bzw. höhere Einkommen für pädagogische Fachkräfte
  • Eine bessere Ansprache unterrepräsentativer Zielgruppen wie Männer, Menschen mit Migrationshintergrund, Quereinsteiger, etc.
  • Verbesserung der Arbeitsbedingungen (z.B. Aufstockungswünsche von Teilzeitkräften berücksichtigen)
  • Gestaltung von Karriere – Chancen und beruflicher Weiterentwicklung
  • Festverträge statt nacheinander folgender Befristungen, etc.

Das sind nun jedoch Ansätze, die wir als Kita – Leitung nur sehr bedingt bis gar nicht umsetzen können. Es bedarf also weiterer Überlegungen, wie ein zielführendes Personalmanagement in der Kita aussehen kann.

Wenn wir zunächst überlegen, was einen Kita – Arbeitsplatz attraktiv und reizvoll machen kann, sollten wir uns die Antworten für die folgenden 4 Fragen aus Sicht eines Kita – Mitarbeitenden überlegen:

  1. Ist mir bekannt, was von mir bei der Arbeit erwartet wird?
  2. Gibt mir mein Arbeitsplatz die Möglichkeiten, jeden Tag das zu tun, was ich am besten kann?
  3. Verfüge ich über die Ausstattung und die Materialien, die ich benötige, um meine Arbeit richtig zu machen?
  4. Ist meine gute Arbeit in der letzten Woche bemerkt oder auch gelobt worden?

Das bedeutet, dass die Kita – Leitung dicht an den Fachkräften arbeitet, dass sich die Fachkräfte wohlfühlen, dass es Zeit zum Lachen gibt, das Teams so zusammengestellt werden, dass sich die Mitarbeitenden ergänzen, das Anreize (jenseits von Geld, z.B. ein gelebtes Gesundheitsmanagement, Kursangebote, finanziert vom Arbeitgeber, etc.) vorhanden sind, so dass die Mitarbeitenden & pädagogischen Fachkräfte gerne zur Arbeit kommen! Der vielversprechende Begriff des „Employer Brandings“ – Mitarbeiter halten oder binden – sollte nicht im Sinne einer „Käfig-Haltung“ oder im Sinne von „Fest halten“ verstanden werden. Damit ist vielmehr gemeint, Mitarbeitende, die aus Überzeugung für die gute Sache beim Arbeitgeber arbeiten, die eine tief verwurzelte, emotionale Verbindung zu ihrem Beruf haben, weil sie ihren Beruf als sinngebend empfinden – diese Mitarbeitenden zu stärken und ihre innere Motivation aufrecht zu erhalten.

Oft können es die kleinen Dinge sein, die aber vom Träger oder auch von der Kita – Leitung initiiert und gestaltet werden können, die von großer Bedeutung sind:

  • Ansprechende Gestaltung aller Räumlichkeiten unter ggf. Einbeziehung von Mitarbeiterwünschen, auch mit Schallschutzelementen oder guter Belüftungsmöglichkeit zum Beispiel
  • Sensibilität gegenüber Entwicklungen und Stimmungen im Team weiterentwickeln
  • Mitarbeiterbindung durch Wertschätzung & Respekt: nach dem Motto „Nur kein gutes Wort verschlucken“ oft ein positives Feedback geben, Leistungen und Einsatzbereitschaft anerkennen und dies auch formulieren, denn jeder Mensch sucht die Anerkennung und das Lob für seine Arbeit
  • Verbindende Teamaktivitäten organisieren und finanzieren
  • Job – Perspektiven innerhalb der Einrichtung und darüber hinaus beim Träger schaffen
  • Mitarbeitergespräche an einem Ort der Wahl des Mitarbeitenden durchführen
  • Herausfordernde Kita – Aufgaben gemeinsam als Team angehen
  • Rückzugsmöglichkeiten für Fachkräfte und Kinder schaffen
  • Bequemes Mobiliar auch für die Fachkräfte
  • Auch Mitarbeitende, die die Kita verlassen, nach ihren Erfahrungen fragen und daraus ggf. Veränderungen ableiten und Entwicklungschancen nutzen
  • Mitarbeitende durch Fortbildungen stärken und/oder auch die Kostenübernahme bei wichtigen Zusatzqualifikationen für den Kita – Bereich
  • Kindertagesstätten wirken auch nach außen – wenn Kitas also eine wichtige Bedeutung haben, sollte sich dies auch in der Vernetzung des Trägers zeigen, in der Öffentlichkeit und im gesamten Erscheinungsbild.
  • Die Lebensphasenorientierung im Hinblick auf die Mitarbeitenden sowie die Work-Life-Balance sind weitere zentrale Elemente in der Personalwirtschaft.

Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit im Personalmanagement können wir den Fokus auf weitere Aspekte richten:

  • Das Erkennen und Fördern von Mitarbeiter – Potentialen und die Möglichkeit einer individuellen Karriereplanung beim Träger
  • Die Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur, d.h. keine Karrierestaus innerhalb einer Altersgruppe und Vermeiden des Verlustes von Erfahrungswissen der Älteren, wenn viele ältere Fachkräfte zeitgleich in Rente gehen
  • Eine möglicherweise leistungsorientierte Entlohnung, die Sonderfunktionen von Mitarbeitenden würdigt, wie z.B. das Umsetzen besonderen Angebote im Familienzentrum, Multiplikatoren – Tätigkeiten, Leitung von effektiv arbeitenden Projektgruppen, etc.
  • Teams sind heterogen strukturiert und eine Altersmischung ist sinnvoll
  • Der Aufbau einer Kultur der wechselseitigen Wertschätzung
  • Ein funktionsfähiges Beschwerdemanagement mit Veränderungspotential
  • Gut vorbereitete Mitarbeiter – Gespräche und Mitarbeiter – Befragungen mit Ergebnispräsentation und Veränderungszielen, die auch umgesetzt werden
  • Gesundheitsmanagement:
  • Altersgerechte Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen
  • Lebensphasenbegleitende Flexibilität des Arbeitgebers, z.B. bei der Notwendigkeit von Stundenreduzierung wegen der Pflege eines Angehörigen
  • Fortbildungsangebote zum Abbau oder zum Umgang mit Stress und zur Stärkung von Resilienz & Selbstfürsorge

Die Politik und die Träger müssen gemeinsam neue Wege der Personalentwicklung gehen – in stetiger Rücksprache mit den Leitungen von Kindertagesstätten, denn sie sind es, die vor Ort die Personalengpässe handhaben müssen. Aber auch die Kita – Leitungen können in ihrem Wirkungskreis der Einrichtung kleine, wertschätzende Impulse für die Mitarbeiterbindung setzen und mit großer Aufmerksamkeit auf die Potentiale Ihres Teams schauen (und ebenso oft und ehrlich gemeintes Feedback ans Team geben!).            Fotos ©Pixabay

Die Kombination aus erfahrenen Kita – Fachkräften in Kombination mit frisch ausgelernten Fachkräften lässt ein Kita – Team nur gewinnen! Literatur – Tipp (sehr empfehlenswert!): Jörg Knoblauch, Jürgen Kurz: „Die besten Mitarbeiter finden und halten – die ABC – Strategien nutzen!“ Campus-Verlag Frankfurt New York,    lim. Sonderausg.2019,

Eurer Innovationskraft sind hier keine Grenzen gesetzt! Herzliche Grüße, Claudia Hennig