Onboarding – zufriedene (neue) Mitarbeiter von Anfang an!
Warum ist es wichtig, die seltene „Ressource des Kita – Fachpersonals“ gut auszuwählen und neue Mitarbeitende auch langfristig zu halten…? Ein Blick auf den Fachkräftemangel im Bereich der Kindertagesbetreuung gibt schnell die richtige Antwort auf diese Frage…
Sophie Müller ist Leiterin der Kita „Zauberberg“. Zum 01. August werden – wegen Elternzeitvertretung & Kündigung – 3 neue Mitarbeitende gesucht. Frau Müller befürchtet, das sowohl die Personalauswahl als auch die richtige Einarbeitung viel der kostbaren Arbeitszeit in Anspruch nehmen und große Unruhe in das Kita – Team bringen wird.
Nun überlegt sie, was sie tun kann, um die Personalgewinnung & Einarbeitung effizienter zu gestalten. Sie startet damit, zunächst ein Anforderungsprofil der zu besetzenden Stellen anzufertigen.
Im zweiten Schritt macht sie sich Gedanken über die Art und Weise der jeweiligen Stellenbeschreibung. Die Bewerberauswahl ist der dritte Schritt auf dem Weg zur passenden Nachbesetzung der vakanten Stellen. Auch über den Verlauf des Bewerbungsgesprächs macht sie sich viele Gedanken, um auch wirklich die notwendigen und wichtigen Informationen von den Bewerbern zur Entscheidungsfindung zu erhalten. Zudem möchte sie nach der Bewerberentscheidung auch die Probezeit richtig nutzen und die Einarbeitungsphase konkreter vorbereiten und in Kooperation mit dem Rest-Team sichern. Die Einarbeitung soll beginnen mit einer entsprechenden Begrüßung vor dem Team und der Elternschaft. Eine Struktur zur systematischen Einarbeitung soll auf den Weg gebracht werden, quasi eine Art „Laufzettel“, der alle wichtigen Aspekte während der Einarbeitungszeit berücksichtigt. Dazu gibt es eine „Checkliste Einarbeitung“ – die gerne noch zu der bereits vorhandene Liste aus dem QM-Handbuch ergänzt werden kann. Den neuen Kolleginnen und Kollegen stellt sie einen Paten/ eine Patin zur Seite. Um nichts Wesentliches zu verpassen, terminiert sich Frau Müller alle 6-8 Wochen ein Feedback-Gespräch mit jedem neuen Mitarbeitenden. So kann sie am Ende der Probezeit eine fundierte und sichere Entscheidung über den Verbleib der neuen Mitarbeitenden treffen.
Wie geht Frau Müller nun im Einzelnen genau vor?
1. Das Anforderungsprofil:
Um die Personalauswahl gezielt anzugehen, stellt Sie in Rücksprache mit den jeweiligen Gruppenleitungen ein Anforderungsprofil für jede vakante Stelle auf. Inhalte sind fachliche Anforderungen, methodische Kompetenzen, soziale Kompetenzen, persönliche Merkmale, etc.) Sie stellt dabei nicht zu viele Anforderungen zusammen, nutzt aber eine Gewichtung der Erwartungen (z.B. Erwartungsgrad 1: hilfreich, aber nicht notwendig. Erwartungsgrad 2: sehr hilfreich und notwendig, Erwartungsgrad 3: absolutes Must have)
2. Die Stellenbeschreibung:
Bevor Frau Müller sich an eine Stellenbeschreibung setzt, klärt sie vorher mit dem Träger ab, was dieser anbieten will/ kann und wann die Stelle (wieder-) besetzt werden soll. Frau Müller nimmt das erstellte Anforderungsprofil als Grundlage und benennt die zukünftigen Aufgaben des/der Stelleninhabers/-in. Welche Fähigkeiten, Fertigkeiten erwartet Frau Müller und welche Qualifikationen sollen nachgewiesen werden?
Nun beschreibt sie kurz den Arbeitskontext für die Stellenbeschreibung:
Wer ist der Träger? Welche Struktur hat die Einrichtung? Welche pädagogische Ausrichtung? Gehört die Kita zu einem größeren Verbund? (bedeutet: sind interne Wechsel oder Aufstiege hier auch möglich?) Welche Gruppenstärke gibt es? Welche pädagogischen Schwerpunkte erwartet die neue Kraft? Welche Kinder werden betreut? Kita-Plus? Welche Ausbildung, welche weiteren Qualifizierungen erwartet Frau Müller? Welche Erfahrungen in welchen Bereichen sollen die zukünftigen Mitarbeitenden haben? Wie sind die Öffnungszeiten? Arbeit in fester Gruppe oder als Springer? Geschlossenes, teiloffenes oder offenes Konzept der Kita? Springer – Tätigkeit, Sprachfachkraft, Integrationsfachkraft, interkulturelle Fachkraft, etc.? Gehaltsangabe? Weihnachtsgeld? Etc. Fortbildungsmöglichkeiten? Befristete oder unbefristete Stelle? Wann sind Entfristungen möglich?
Frau Müller erläutert noch den Bewerbungsvorgang, nennt eine Kontaktperson mit Namen, Telefonnummer, E-Mail. Sie schreibt noch, ob sie die Bewerbungen als online – Bewerbung oder per Post erhalten möchte. Wann ist der Bewerbungsschluss? Hospitation in der Kita möglich? Wann soll die neue Stelle besetzt werden?
Mit der Beantwortung dieser Fragen hat Frau Müller jetzt sowohl eine Vorlage für die Stellenausschreibung als auch gleichzeitig schon die Grundlage für die Stellenbeschreibung.
3. Die Bewerberauswahl:
Nach Ablauf der Bewerbungsfrist wertet Frau Müller die Bewerbungen systematisch aus – zunächst schließt sie alle offensichtlich ungeeigneten Bewerber*Innen aus, wenn z.B. wesentliche Anforderungen (Ausbildungsabschlüsse, Erfahrungen, Qualifizierungen, etc.) offensichtlich nicht erfüllt werden). Dann bestimmt sie für alle übrigen Bewerber*Innen, inwieweit die einzelnen Merkmale des Anforderungsprofils erfüllt werden. Frau Müller versieht jedes Merkmal mit einem Erfüllungsfaktor:
Erfüllfaktor 1: BW hat Defizite, deren Ausgleich voraussichtlich mehr als 6 Monate dauert
Erfüllfaktor 2: BW hat Defizite, für deren Ausgleich vermutlich weniger als 6 Monate erforderlich sind
Erfüllfaktor 3: BW erfüllt die Anforderungen!
Erfüllfaktor 4: BW erfüllt die Anforderungen in hervorragender Weise!
Nun multipliziert Frau Müller den Erwartungsgrad aus dem Anforderungsprofil mit dem Erfüllungsgrad – dann erhält sie einen vergleichenden Überblick über die Qualifikationen und Fähigkeiten der verschiedenen Bewerber. Danach bildet sie 3 Gruppen:
- Wer wird in jedem Fall zum Gespräch eingeladen?
- Wer kommt auf die Nachrückerliste?
- Wen lädt Frau Müller nicht ein?!
4. Das Bewerbungsgespräch:
Idee: 1. Bewerbungsgespräch – Einladung zur Hospitation – 2. Gespräch zur endgültigen Bewerberauswahl
Ziel: persönlicher Eindruck, fehlende Informationen zur Person, Qualifikationen ergänzen und überprüfen, schauen & fühlen, ob der Bewerber/ die Bewerberin auch zum Team passt.
Idee: Zwischen dem ersten und zweiten Bewerbungsgespräch das Angebot einer Hospitation in Aussicht stellen. Vorteil: Frau Müller erfährt schon etwas über das Engagement des Bewerbers, über die Art und Weise des Arbeitseinsatzes und das Team kann schauen, ob die „Chemie in der Zusammenarbeit“ passt.
Die endgültige Entscheidung über die Einstellung wird dann idealerweise nach der Hospitation in der Kita und dem 2. Gespräch getroffen. Das Kennenlernen künftiger Kolleg*Innen und des zukünftigen Arbeitsplatzes ist für beide Seiten wichtig bei der Entscheidungsfindung – vorschnelle, falsche Entscheidungen können so beidseitig vermieden werden.
5. Die Probezeit nutzen & die Einarbeitung sichern:
a) Einführung:
(Kreatives) Begrüßungsschreiben vor Start in den neuen Job & Begrüßungsstrauß als Willkommensgruß
Frau Müller stellt die neuen Mitarbeitenden dem Team nochmals vor! Die neuen Kolleg*Innen erhalten Informationen zur Struktur der Kita, Organigramm, Leitgedanke, Telefonliste, das pädagogische Konzept, einen eigenen Schrank und ein eigenes Postfach, bereits beschriftet!
b) Systematische Einarbeitung:
Vieles, was für Kita-Mitarbeitende selbstverständlich ist, ist für die neuen Mitarbeitenden vielleicht ein großes Rätsel. Es hilft also, in der Einarbeitungszeit, auch andere Kita – Bereiche über den eigenen Arbeitsbereich hinaus, kennen zu lernen. Das ermöglicht den neuen Mitarbeitenden, die eigene Arbeit in den Gesamtkontext Kita einzuordnen. Das Bild des Großen & Ganzen erklärt oft einzelne Teilarbeitsbereiche der einzelnen Mitarbeitenden.
c) Checkliste „Einarbeitung“!
- Was müssen Sie als Leitung bis wann beschaffen und mit wem klären? (Schlüssel, Namensschild, aktuelle Adressenliste, etc.)
- Wer muss informiert werden? Kollegen, Eltern, Personalabteilung, Betriebsrat, Vorgesetzte, etc.
- Wer übernimmt welche Aufgabe bei der Einarbeitung (Patin/ Pate, Kontakt zum/ zur vorherigen Stelleninhaber/in, Mentor, etc.)
- Einarbeitungsplan erstellen!
- Termin für Feedback – Gespräche vereinbaren!
d) Paten/ Patin oder Mentor/ Mentorin zur Unterstützung:
Den neuen Kolleg*Innen einen „alten, erfahrenen Hasen“ zur Seite stellen. Pate/ Patin informiert über die geschriebenen & ungeschriebenen Kita – Gesetze. Wie laufen Geburtstage? Wer verwaltet die Kaffee – Kasse? Essen die Erzieher*Innen mit den Kindern? Müssen sie Kostgeld bezahlen? Uvm.
e) Feedback – Gespräche
Die Einarbeitungszeit ist gleich der Probezeit – diese sollte natürlich nicht ungenutzt verstreichen. Alle 6-8 Wochen terminiert sich Frau Müller also ein Feedback – Gespräch mit jeder neuen Mitarbeitenden. Der Fokus liegt auf der Entwicklung der/des neuen Kolleg*In.
Wo gibt es vielleicht Probleme und wie lassen sich diese beheben? Frau Müller dokumentiert den Stand der Einarbeitung mit dem aufgestellten Einarbeitungsplan.
Das Fazit:
Der Aufwand von der Stellenausschreibung, über die Bewerberauswahl, der gezielten Einarbeitung, den Feedback-Gesprächen wirkt zunächst sehr hoch, aber: am Ende treffen Sie so eine fundierte Entscheidung für das richtige, neue Teammitglied in Ihrer Kita!
Ein neues Teammitglied, welches sich gut eingearbeitet fühlt, welches Antworten auf alle Fragen erhalten hat, sich wertgeschätzt und ernstgenommen fühlt – wird länger in Ihrer Kita arbeiten wollen und bleibt auch bei kontinuierlicher Ansprache, Feedback und Förderung ein zuverlässiges Teammitglied über Jahre. Die fokussierte Personalauswahl, die durchdachte Einarbeitung und die respektvolle Einbindung in das bestehende Team sind Garanten für eine lange „Verweildauer“ der Mitarbeitenden in Ihrer Einrichtung. Also: besser die Zeit zu Beginn der Neu-Einstellungen investieren, als im Nachhinein mit den Folgen von Fehlbesetzungen und neuen Auswahlprozessen weiterer Bewerber ein Vielfaches an kostbarer (Arbeits-) Zeit verschwenden! Die Zeitinvestition in die richtige Auswahl und die produktive Einarbeitung neuer Mitarbeitender wird sich bezahlt machen! Garantiert.
Literatur – Tipps:
- „Neue Mitarbeiter erfolgreich einarbeiten!“
Sabine Engelhardt – Pfister, Kohlhammer – Verlag, 16,-€
- „Die ersten 100 Tage: Mitarbeiter schnell und erfolgreich einarbeiten!“
Thea Heusler, Kita Praxishilfen, Carl Link, 19,95€